2013-01-27

LÄUFFER DOCH NICHT KASTRIERT

Christoph Hein: WEISSKERNS NACHLASS (2011) Ein anderer möglicher Lebensweg des Rezensenten wäre der der Hauptfigur gewesen. Halbe Stelle als ganzer Geisteswissenschaftler bis zur mageren Rente. Rezensent hat aber eine viertel und eine halbe Stelle. Ein männlicher Wissenschaftler namens Stolzenburg, bindungsschwach und wissensdurstig, hat einen unbeholfen geschilderten Albtraum, mit dem das Buch einsetzt. Mit diesem Albtraum und dem profanen Erwachen darauss endet das Buch auch. Dieser Roman hat von allem etwas: Liebe, Verbrechen, Betrug, Intrigen, Geheimnisse. Er hat von allem etwas viel, so dass nicht alles in der Weitläufigkeit ausgeführt wird, in der es sich der Rezensent gewünscht hätte. Seine Weitläufigkeit führt Christoph Hein eher in unnötig verschachtelte Sätze, die, das muss gesagt werden, bei Thomas Mann irgendwie notwendiger aussahen und sich auch besser anhören, wenn man sie leise vor sich hinspricht. Es ist schon ein netter Roman über das nicht unbekannte Milieu der verarmenden Akademiker. Chancenloser Akademiker, der Stolzenburg ist, wird er von einer Mädchenbande zusammengeschlagen, von einem stinkreichen Studenten bestochen und von seinen Freund(innen) verlassen. UNd ganz nebenher treibt ihn Weiskerns Nachlass, die angeblichen und/oder tatsächlichen Aufzeichnungen eines Stolzenburg-Vorläuf(f)ers und Mozart-Zeitgenossen. Es ist eigentlich für jeden etwas dabei. Die Kapitel sind auch nicht zu lang, um es tagesweise wegzulesen. "Fälschung und Lüge" überall, wie schon der Suhrkamp-Waschzettel richtig und nichtig bemerkt. Vielleicht gibt es ja irgendwann mal eine lustige Verfilmung oder ein Theaterstück. Solange noch willige und billige Prktikanten herumlaufen, stehen die Chancen nicht schlecht. Kaufen muss man dieses Buch nicht unbedingt. Der Rezensent kann aber eines verborgen.