2011-02-10

FAHREN UND FAHREN LASSEN

seitdem die berliner s-bahn nur noch mit tempo 60 durch die gegend zuckelt, ist sie zur ausflugs- und bimmelbahn mutiert. sie bringt mich zwar irgendwo hin, und eigentlich ist ja der weg auch das ziel, aber manchmal ist auch das ziel der weg.

von spandau nach lichtenberg in 50 minuten, wer hätte das vor 200 jahren gedacht. oder vor 2 jahren. es gibt gegenden, durch die ich lieber schnell fahre. es gibt diese gegenden in berlin, die nichts als gegend sind, die einfach über- oder durchwunden werden müssen. nun sind die s-bahnen selbst zur wunde geworden, zur rollenden wunde, oder zu maden, die durch die der kriegsführung der bahn gegen die öffentlichkeit geschuldeten wunden kriechen. aber diese maden fühlen sich nicht wirklich wohl, und das sollten sie doch, wenn sie durch wunden kriechen. ach, verfluchte biologismen. früher raste die s-bahn noch durch den todesstreifen, als würde sie selbst irgendwohin flüchten. verdammt, schon wieder.

ich kam von einer senke in der heerstrasse. anschliessend war die mannschaft noch in einer spandauer kneipe, in der es die angeblich besten bouletten des bezirks gab. ich ass auch diese. mit reichlich senf geht so ziemlich alles.

die fahrt von spandau nach lichtenberg hat für die letzten 4 kapitel aus HERR LEHMANN gereicht. das muss man sich mal vorstellen. andererseits, das ist auch einfache kost. nur nicht so oft aus dem fenster sehen: erst faschistische sporttempel, dann tiefstes charlottenburg (dessen anblick mich zu dem schlechten wortwitz "wo kommen denn die schalotten her - na aus schalottenburg" verleitete), ein ufo-bahnhof, die museumsinsel mit dem auf links verkehrten pergamonaltar, plattenbauten.

es gibt gegenden, die nur noch durch ihre verkehrsmittel zu beleidigen sind. berlin ist so eine gegend.

| thomas wettengel © 2011-02-10 |

Keine Kommentare: