Ralf Husmann: Nicht mein Tag. Roman
Ralf Husmann ist einer der führenden Komik-Autoren der BRD. Die Figur Stromberg und der Führer-Büro-Kasper gehen auf sein Konto. Auch viel Geld, da das heute zu besprechende Buch sehr oft verkauft wurde.
"Rolf Zuckowski und alle seine Freunde sollen eines schrecklichen Todes sterben." (30) Das ist einer der großen Wünsche der Hauptfigur des Romans, Till Reiners, der durch Zufall vom Bankangestellten zur Geisel, zum Komplizen und Flüchtling vor seinem bisherigen Spießerleben wird.
"Wer überfällt denn heute noch Banken und nimmt Geiseln?" (60) Der eine oder andere. Der Anlass ist vielleicht etwas bemüht, aber was Husmann daraus macht, ist mehr, als ich angesichts seiner Arbeiten fürs TV erwartet hatte.
"Nappo ist vermutlich zu jung, um noch Autoquartett gespielt zu haben." (90) Nappo ist der Name des ebenso brutalen wie prolligen Bankräubers, mit dem der Bankangestellte Reiners die aufregendste Zeit seines Lebens verbringen wird.
"Je länger Till auf die Landstraße vor ihm guckt, desto mehr hat er den Eindruck, dass sie direkt aus der Schnauze des Citroen kommt, dass der Wagen selbst die Straße produziert, auf der er fährt." (120) Der brave Bankangestellte ist nun schon ein brutaler Autoräuber. Er sehnt sich nach einer Zeit, als alles einfach war und die Autos noch nach Nationen unterscheidbar waren - wie im Autoquartett. Auf dem Überwachungsvideo der Tankstelle ist deutlich zu sehen, wie Till Reiners den Fahrer des Citroen niederschlägt.
"Zwischendurch reden beide mit Saddam und Hitler." (150) Das sind doch mal Namen für Schäferhunde. Nappo und ein dubioser Autohändler machen ein Geschäft klar. Der spießige Franzose wird gegen ein protziges US-Modell ausgetauscht. Till muss warten und darf nur zusehen. Dabei möchte er so gerne mitspielen.
"Dieses Mal macht Jessica alles richtig." (180) Die junge Bankangestellte, von der Till Reiners träumte, als er noch Bankangestellter war, träumt von einer TV-Karriere. Diese wird aus einem zusammengeschnittenen Beitrag voller Verdächtigungen gegen Till Reiners bestehen.
"Die lustige Nadine wollte in ein schönes Hotel." (210) Nappos Schnitte macht mit Nappo rum, und Till darf wieder nicht dabei sein. Er stört und kotzt. Doch nicht mehr lange.
"Der seriöse Ton der Artikel stellt sie völlig falsch dar." (240) Geschlechter-Rollen greifen, das spürt Jessica, als sie sich als Vamp erlebt, der einen unschuldigen Familienvater zum Bankraub verleitet hat. Jessica beginnt die Stars zu verstehen. Irgendwann ruft ein seriös klingender Mann an. Es läuft auf Nacktfotos hinaus.
"Nappo war die Weiterentwicklung von Dirk Manthey, der Till damals in Südfrankreich wegen der Sauerländer Schwestern hatte sitzen lassen und damit nicht nur 'Copyright' beendete, sondern auch Tills komplette Musikkarriere." (270) Die Reise führt nach Westeuropa, schließlich in den Süden Frankreichs und in eine Zeit neben der Zeit, in der Till Reiners eingeschlossen ist. Anders gesagt: "was nicht ist, ist möglich", wie die Einstürzenden Neubauten singen. Aber Nappo ist höchstens eine üble Farce auf Dirk Manthey. Und ihre Flucht ist eine auf die großen Zeiten des kleinen Terrors im Westeuropa der 70er und 80er Jahre. Der Ausflug in die Freiheit endet im Schusswechsel.
"Kurt Bergmeister stellt sich Miriam Reiners vor, in dem T-Shirt und der grauen Jogginghose, die sie getragen hat bei seinem Besuch in ihrer Wohnung, um ihr die Fotos aus dem Kleingarten zu zeigen, vor drei Tagen, als der Plüschaffe." (300) Der ermittelnde Kriminalbeamte ist eine Koryphäe des Wartens mit einer personenbezogenen Phantasie. Er kann sich nur reale Personen vorstellen. Zum Beispiel Till Reiners Frau, in seinem Arm, während Herr Reiners im Gefängnis sitzt. Und dann muss er nach Frankreich, der Mustang ist gefunden worden, die Story neigt sich ihrem dramatischen Ende zu.
"Miriam steht in der Wohnungstür und sieht aus wie immer, während Till so aussieht wie noch nie." (330) Zurück bleiben ein Tattoo auf Tills Haut (das chinesische Zeichen für Mut, wie Nadine ihm erklärte, auf ihrer gemeinsamen Flucht in der Flucht) und eine Stadt Osthofen, in der es die Mülltonnen gut haben sollen.
[ralf husmann: nicht mein tag. roman, frankfurt am main: s. fischer 2008, antiquarisch ab 4 euro oder geschenkt]
| thomas wettengel © 2011-0606 |
2011-06-06
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